Selbstorganisation: Der nachhaltige Weg zu Agilität im Unternehmen

Selbstorganisation ist ein zeitgemäßer Ansatz für moderne Unternehmen, die in einem dynamischen und komplexen Umfeld auch weiterhin erfolgreich sein wollen. Dieser Artikel zeigt auf, welchen Beitrag die Kulturtechnik Kontexten zur Selbstorganisation liefern kann.

Der Inhalt im Überblick



Was ist Selbst­organisation?

Selbstorganisation bezeichnet einen Ansatz in der Organisationsführung, bei dem Mitarbeiter und Teams weitgehende Autonomie und Entscheidungsbefugnisse haben. Dieser Ansatz basiert auf dem Prinzip, dass Menschen und Teams, die näher an den Problemen und Herausforderungen arbeiten, oft besser in der Lage sind, effektive Lösungen zu finden und umzusetzen.

Frederic Laloux identifizierte in seinem Buch Reinventing Organizations einige Prinzipien und Praktiken in der Selbstorganisation:

  1. Evolutionäre Zweckbestimmung: Selbstorganisierte Unternehmen folgen einem evolutionären Zweck statt starren Zielen. Dieser Zweck dient als Leitstern und ermöglicht Flexibilität und Anpassungsfähigkeit.
  2. Ganzheitlichkeit bedeutet, dass Mitarbeitende ihre gesamte Persönlichkeit in die Arbeit einbringen können. Dies fördert Kreativität, Engagement und Zufriedenheit.
  3. Selbstführung: Laloux beschreibt Selbstführung als das Kernprinzip selbstorganisierter Unternehmen, bei dem Hierarchien minimiert und Entscheidungsbefugnisse auf alle Mitarbeiterebenen verteilt werden.

Kontextende Selbst­organisation

Kontexten bedient all diese Anforderungen vollumfänglich, wobei ein besonderes Augenmerk darauf gelegt wird,

  • den Menschen als Ausgangspunkt für die nötige Transformation zu sehen, ihn in seiner Verantwortung zu stärken und die Persönlichkeits- und Organisationsentwicklung auf einzigartige Weise über die Kontexten-Werkzeugen zu verbinden
  • sowie einen für alle Beteiligten sicheren Übergang vom Bestehenden in neue Formen der Organisiertheit zu ermöglichen – mit der Vielfalt als Basis.

Unterschied zu klassischen Strukturen

Klassische Organisationsstrukturen, wie z.B. die Linien- oder Matrix­organisation, setzen auf eine formalisierte Gliederung des Unternehmens. Diese können mitunter unerwünschte siloartige Phänomene erzeugen. In derartigen Strukturen bilden sich regelmäßig Ausgleichs- oder Umgehungs­phänomene, um die negativen Effekte einer starren Struktur auszugleichen. Formelle und informelle Strukturen existieren dann nebeneinander und können zu Inkonsistenzen und Widersprüchen bei Kommunikations- und Entscheidungs­prozessen führen. Auch ein deutlicher Unterschied zwischen erwünschter und erlebter Unternehmens­kultur ist häufig beobachtbar.

Dem gegenüber ist Kontextende Selbstorganisation ein organischer Ansatz, der bestehende Strukturen dynamisch und transparent weitentwickelt und im laufenden Betrieb bedarfsgerecht aktualisieren kann. Dies geschieht auf eine Art und Weise in der „das Alte immer noch trägt und sich darauf aufbauend das Neue entwickeln kann.“ Kontexten forciert in diesem Sinne eine gemeinsame evolutionäre Entwicklung von Menschen und Strukturen. Es vermeidet disruptive Prozesse und schafft eine Vertrauenskultur in der Wandel als transformative Kraft erlebt werden kann – zunächst immer wieder in kleineren Übergängen. Kontinuierliches Training der Selbstorganisationskraft im Kleinen macht auf Dauer resilient und bereit dafür, auch große Übergänge menschengerecht zu meistern.

Vorteile der Selbst­organisation

Selbstorganisation bringt zahlreiche Vorteile im Hinblick auf Motivation, Eigen­verantwortung, Gruppen­selbst­wirksamkeit, Ressourcen­effizienz und Kommunikation. Ebenso erhöht sich die Schlagkraft in der Umsetzung von Vorhaben. Beispielhaft seien einige Effekte angeführt:

  • Erhöhte Agilität und Flexibilität
  • Höheres Engagement und steigende Zufriedenheit der Mitarbeitenden
  • Bessere Problemlösung und höhere Innovationskraft
  • Deutlich verbesserte Kommunikation und Konflikt­lösungs­kompetenz

Praktisches Vorgehen

Die Einführung von Selbstorganisation ist kein „Big Bang“, bei dem ein Schalter umgelegt wird. Es ist ein kontinuierlicher OE-Prozess, in dem sich Menschen und Strukturen gleichermaßen und miteinander entwickeln.

Dieser Prozess findet nicht im Labor statt oder auf dem Reißbrett einer OE-Abteilung, sondern mitten im unter­nehmerischen Alltag zu einem konkreten Thema. Ein Projekt oder eine komplexes Vorhaben, wie z.B. die strategische Neuausrichtung, die Erweiterung des Geschäfts­modells oder eine Restrukturierung, können ideale Ausgangspunkte für einen Selbst­organisations­prozess sein.

Entwicklung der Kooperationsstruktur

Dabei kommt der Fokus5-Raster für kooperatives Handeln zum Einsatz. Er gibt allen Beteiligten Orientierung auf dem Weg in Richtung Selbst­organisation. Mit den Werkzeugen des Kontextens wird schrittweise die Kooperations­struktur entwickelt. Es ist ein kontinuierliches Learing-by-doing, das Eigen­verantwortung und Kooperation rund um das Vorhaben fordert und fördert.

3 in 1

Das kontextende Vorgehen bedient dabei gleichzeitig 3 Ebenen:

  • Aus- und Weiterbildung in der Kontexten Methode
  • Beratung und Begleitung bei der Gestaltung kooperativer Strukturen
  • Schrittweise Umsetzung des Themas durch die Beteiligten

Von Anfang an kommt dabei die Kreisstruktur zum Einsatz, die für einen optimalen Informations­austausch aller Beteiligten auf Augenhöhe sorgt. Für Teams von etwa 5–12 Personen ist der Kreis der ideale Lern-, Arbeits- und Erfahrungsraum. Bei größeren, komplexeren Themen mit mehr Beteiligten kommt es zur Kreisteilung, um die notwendige Arbeitsteilung auch strukturell abzubilden. Mit der ersten Kreisteilung wird die organische Organisations­entwicklung angestoßen – analog zur ersten Zellteilung in der Biologie.

Die Strukturbautechnik des Kontextens ermöglicht es – ausgehend von einem Basiskreis – dem Thema angemessene (komplexe) Gebilde zu bauen.

Zu erzielende Verbesserungen

  • Eine hochgradige Prozesseffizienz ergibt sich aus dem standardisierten, transparenten Vorgehen und der passgenauen Verbindung zwischen Persönlichkeits- und Organisationsentwicklung.
  • Selbstwirksamkeit: Die Motivation aller Beteiligten steigt rasch und deutlich, weil Eigenverantwortung und Handlungsfähigkeit gestärkt werden.
  • Selbstaktualisierung: Die Fähigkeit eines Systems, sich selbst weiterzuentwickeln hängt stark von seiner Vitalität ab. Das Erkennen, dass für die eigene Weiterentwicklung Entwicklungsschritte erforderlich sind, ist eine wichtige Fähigkeit selbstorganisierender Strukturen.
  • Selbstorganisationskompetenz: Die Kompetenz sich selbst und Systeme weiterzuentwickeln betrifft das Individuum und die Gruppe gleichermaßen. Hier braucht es ein gewinnendes Zusammenspiel, das keine ausgrenzenden oder spaltenden Effekte verursacht, denn das erzeugt das notwendige Vertrauen in den Prozess.
  • Rückkoppelung zur Unternehmensstrategie: Selbstorganisation führt nicht zu Widersprüchen gegenüber der Unternehmensstrategie, weil es an den genau richtigen Stellen Andockpunkte zu übergeordneten Steuerungsebenen gibt. Koordination mit der operativen und strategischen Unternehmenssteuerung stellt sogar ein Schlüsselelement der Selbstorganisation dar.
  • Ressourcenschonend ist die Selbstorganisiertheit, weil nur das in Strukturen gegossen wird, was dem Thema und den Menschen dienlich ist. Dafür ist es notwendig, dass die Ressourcen-Verantwortung klar ist.

Tipps zur Umsetzung

  • Sammle erste Erfahrungen mit dem kooperativen Handeln, z.B. über den Fokus5Raster, der verlässlich vom ICH zum WIR führt.
  • Aufbau einer ersten Kreisstruktur rund um ein Thema.
  • Durchlauf eines ganzen Zyklus entlang des Fokus5Rasters – vom Individuum bis zur Erarbeitung der kooperativen, selbstorganisierenden Umsetzungsstruktur.
  • Initiierung weiteren Wachstums durch Wiederholung des Zyklus mit einem erweiterten Personenkreis oder einem anderen Thema.

Wichtige Rahmenbedingungen

Im Bauen von Strukturen liegt eine Entwicklungsmacht. Daher ist es erforderlich, dass ein klarer, schriftlich formulierter Auftrag für die ersten Schritte in Richtung Selbstorganisation vorliegt mit folgenden Komponenten:

  • Das Thema, das mittels Selbstorganisation umgesetzt werden soll.
  • Eine eindeutige Domain, d.h. Macht- und Entscheidungsbefugnisse.
  • Welche Ressourcen (Zeit, Budget, etc.) stehen dafür zur Verfügung?

Idealerweise werden diese Punkte bereits am Beginn des Auftragsklärungsprozesses anhand der Kontexten-Werkzeugen geklärt. Dieses Vorgehen erzeugt Kongruenz, Transparenz und ein kooperatives Klima vom Start weg und das ist wichtig für die Ernsthaftigkeit und Glaubwürdigkeit des Vorhabens.

Erfahrungsgemäß ist es hilfreich, den Weg der Selbstorganisiertheit zumindest für 12 – 18 Monate zu gehen. In diesem Zeitraum können die Werkzeuge im Alltag erprobt und immer wieder in ihrer Anwendung geübt und damit internalisiert werden.

Darüber hinaus ist es zur Sichtbarmachung des Fortschritts und des Erfolges nützlich am Beginn des Prozesses und nach 12 Monaten den Grad der Selbstorganisation durch einen standardisierten Fragebogen zu evaluieren.

Fazit: Selbstorganisation ist ein wirkmächtiger und nachhaltiger Ansatz

Selbstorganisation in Verbindung mit der Kulturtechnik Kontexten ist – präzise angewendet und korrekt implementiert – ein wirkmächtiger Ansatz in der agilen Organisationsentwicklung. Sie führt zu umfassender und nachhaltiger Motivation und ermöglicht auch strategisch herausfordernde und komplexe Themen auf effiziente Weise umzusetzen. Selbstorganisierte Strukturen fördern ein gewinnendes Zusammenspiel aller Beteiligten und unterstützen wichtige unternehmerische Faktoren wie Wettbewerbsfähigkeit, Vitalität und Innovation.


Wo kannst Du Erfahrungen in der Selbstorganisation machen?

TIPP: Buche eines unserer Angebote oder schau in den Terminen um z.B. erste Erfahrungen mit den Kontexten-Werkzeugen zu sammeln. Für einen soliden Aufbau der Skills zur Selbstorganisation hat sich ein gewisses Mindestmaß an Prozessbegleitung als hilfreich erwiesen.

Du hast sicherlich noch einige Fragen. Dann ruf uns einfach an – natürlich völlig unverbindlich – und wir skizzieren gleich live miteinander, wie Euer Weg in die Selbstorganisation aussehen könnte.

Blogautor Günter Strobl ist Geschäftsführer von DOCK12. Mit über 30 Jahren Erfahrung in nationalen und internationalen Unternehmen und Projekten ist er ein wertvoller Sparringspartner in jedem Change-Prozess. Er begleitet mit der Kulturtechnik Kontexten Manager:innen, Führungskräfte und Mitarbeitende auf ihrem Weg zu echt kooperativen Strukturen.

«Mathematisch gesprochen kann der Mensch mit der Strukturbautechnik Kontexten individuelle und soziale Funktionen iterativ ausführen und so die Selbstorganisation immer wieder optimieren.»

Günter Strobl

Weiterführende Literatur:

  • C. Wagner: Kontexten – Wie man sich selbst und Systeme bewegt.